Kenia gehört schon seit langer Zeit zu den korruptesten Ländern der Erde, was sich sowohl in der großen Politik als auch im alltäglichen Leben immer wieder auf erstaunliche Art und Weise zeigt.
Korruption ist in Afrika ein wesentlich größeres Problem als in anderen Teilen der Welt und Kenia ist dabei eines der am schlimmsten betroffenen Länder.
Beim Korruptionsindex, welcher das Vertrauen von Bürgern in das öffentliche System und die Bestechlichkeit von öffentlichen Einrichtungen misst, erreichte Kenia die schockierend niedrige Punktzahl 2,2 von 10 möglichen Punkten. Zum Vergleich: Die skandinavischen Länder, welche in dieser Kategorie vorne lagen, erreichten 9,6 Punkte.
Selbst in Afrika schlossen die meisten Länder besser ab als Kenia; so erreichte der Spitzenreiter Botswana immerhin 5,6 Punkte. Insgesamt ist Kenia auf Platz 144 von 163 Nationen, die in diesem Test bewertet wurden. Die Gesamtsituation bleibt katastrophal.
Auch im Vergleich zu den Nachbarländern schneidet Kenia schlecht
ab; von allen Ländern in Ostafrika wurde Kenia als am korruptesten eingestuft. Die Nachbarländer Uganda und Tansania erreichen
immerhin die Plätze 110 und 98 von den 163 bewerten Nationen. Auch die Länder Ruanda und Burundi, in denen die gesamtwirtschaftliche
Lage deutlich schlechter ist als in Kenia, schneiden in dem Test besser ab.
Auch das Schulsystem leidet unter Korruption. In Kenia
herrscht akuter Lehrermangel, da die Regierung nicht die notwendigen Mittel für genug Lehrer aufbringt. Alle Lehrer die von der
Regierung bezahlt werden, müssen Mitglied in der Teacher Service Commission (TSC) sein. Aktuell sind 230.000 Lehrer in der Teacher
Service Commission gemeldet, und bekommen von dieser ihr Gehalt ausgezahlt. Die Lehrer müssen sich dafür einmal im viertel Jahr
melden, und einen Bericht über ihre Tätigkeiten vorlegen. Von den 230.000 Lehrern machen dies aber nur 198.000, so dass der
Verbleib der anderen 32.000 unklar ist.
In letzter Zeit häufen sich die Zeichen, dass es sich bei den 32.000 bezahlten "Lehrern"
um Personen handelt, die noch kein Klassenzimmer von innen gesehen haben und die in Wirklichkeit gar nicht existieren. Es wird
vermutet, dass das Geld dieser 32.000 Menschen von den Mitarbeitern der TSC selber einbehalten wird. Der wahrscheinliche Schwund
von fast 15% aller eingestellten Lehrer sorgt natürlich dafür, dass die Lage noch katastrophaler ist als die offiziellen Statistiken
vermuten lassen.
Das Problem Korruption ist in Kenia sehr lebensnah und alltäglich, dies wird jedem der hier Urlaub macht oder arbeitet deutlich.
Organisationen wie Girls' Hope, die sich als starke Gegner dieses Systems weigern, Schmiergelder zu bezahlen, haben durch ihre
Verweigerungshaltung teilweise große Probleme mit alltäglichen Dingen. Als prägnantes Beispiel kann der 15 Jahre alte Schulbus
dienen, der vor einigen Wochen zum zweiten Mal durch den TÜV musste. Dazu muss genau wie in Deutschland ein Test durchlaufen
werden, der, je nach Bereitschaft am bestehenden System mitzuwirken, sehr genau oder auch gar nicht durchgeführt wird. Dass
an einem alten Bus bei genauer Betrachtung immer Mängel festgestellt werden können, versteht sich von selbst. So wurden bei
dem Bus beispielsweise Löcher in den Sitzen bemängelt, die daraufhin auch beseitigt wurden. Des Weiteren wurden die Reflektoren
bemängelt, welche keinerlei ersichtlichen Mängel aufwiesen. Trotzdem wurde der Fahrer aufgefordert, diese zu ersetzen. Noch
drastischer stellte sich die Lage beim Verbandskasten, der bisher noch nicht einmal benutzt wurde dar, der aber angeblich
trotzdem Mängel aufwies. Nach jeder Feststellung wurde der Fahrer aufgefordert "etwas zu sagen" was als klare Aufforderung
zur Schmiergeldzahlung zu verstehen ist. Der Fahrer blieb aber aufgrund der Anweisung der Schuldirektorin Ingeborg Langefeld
hart, und sagte standhaft: "Ich habe nichts zu sagen". Diese Prozedur wiederholte sich mehrmals, bevor der Bus endlich doch
durch den TÜV kam, ohne dass Schmiergelder gezahlt wurden.
Es zeigte sich also, dass der Kampf gegen die Korruption zumindest auf privater Ebene kurzfristig gewonnen werden kann.
Die generelle Weigerung von Ingeborg Langefeld an diesem in Kenia so beliebten System teilzunehmen, bringt zwar teilweise
kurzfristige Unannehmlichkeiten, ist aber auf lange Sicht die einzige Möglichkeit, ein teilweises Umdenken in der Bevölkerung anzuregen.