Von Hanna im November 2015

Education Office

Gestern Abend erreichte Frau Langefeld eine Nachricht, dass sie doch bitte am nächsten Tag in die zuständige Schulbehörde kommen solle.

Damit ich auch einmal schauen kann, wie das Ganze mit den Behörden in Kenia abläuft, bin ich mitgefahren. Wir wussten bis dahin noch nicht, worum es überhaupt geht – offensichtlich etwas Wichtiges, sonst würde man nicht nach der Schulleitung fragen.

So dachten wir, aber das war vollkommen falsch. Nach ungefähr zwei Minuten im Gespräch mit einem Mitarbeiter stellte sich heraus, dass wir einzig und allein gekommen waren, um ein Formular abzuholen, was die Schule jährlich auszufüllen hat. Wir sollten unbedingt um neun Uhr erscheinen; waren auch pünktlich da. Die Papiere erreichten uns allerdings erst nach zehn Uhr, sodass wir eine geschlagene Stunde auf ein Schreiben gewartet haben, das auch jeder andere hätte abholen können – kenianische Organisation!

Von Hanna im Oktober 2015

Ankunft

Von Frankfurt über Addis Abeba nach Mombassa. Das war meine Reiseroute bis hierher. Mein Name ist Hanna Hübner und ich komme eigentlich aus Bremen und studiere in Münster auf gymnasiales Lehramt.

Seit gestern Abend bin ich nun hier in der Praktikantenwohnung. Doch bis hierhin war es noch ein langer Weg. Nachdem der Flug über Nacht verhältnismäßig angenehm war und der dreistündige Aufenthalt in Addis Abeba ebenfalls, war ich nur noch einen kurzen Flug über zwei Stunden und eine 45 minütige Taxifahrt von meiner neuen Wohnung auf Zeit entfernt. Doch nachdem alles bis dahin so reibungslos geklappt hatte, wurde die Fahrt vom Flughafen in Mombasa nach Ukunda zu einer längeren Sache als zuvor erwartet. Die Fähre, welche man nutzen muss, war überdurchschnittlich voll, sodass wir geschlagene vier Stunden anstehen mussten. Das ist bei 30°C und langen Klamotten nicht wirklich angenehm. Wie auch immer, ich bin nach der anstrengenden Reise nun letztendlich am Ziel angekommen und wurde auch schon erwartet und direkt begrüßt. Meinem ersten Tag an der Schule sehe ich mit Spannung entgegen.

Anekdote zum Schloss:
Direkt an meinem ersten Abend war ich in einem nahegelegenen Restaurant mit Frau Langefeld etwas essen. Es gab ein leckeres Omelette. Während wir speisten wurde uns von einem Kenianer ein kleines Schloss zum Kauf angeboten. Nachdem der Preis verhandelt wurde, sollte allerdings noch die Tauglichkeit des Schlosses überprüft werden. Auf die Frage hin, versuchte der Mann zunächst ca. 10 Minuten die Schlüssel von dem Ring zu befreien und verschwand dann direkt und kam nie zurück. Vermutung eins auf die Frage, warum er nicht zum Verkaufen zurück kam: Der angebotene Preis war doch zu niedrig. Vermutung zwei: Schlüssel und Schloss gehörten nie zusammen, was natürlich beim Ausprobieren direkt aufgefallen wäre.

Von Inge im Juni 2015

Glück muss der Mensch haben!


Eigentlich war ich unterwegs nach Kwale, um dort einen potenziellen Kandidaten für meinen neuen Rotary Club zu treffen und war damit quasi „außer Dienst“. Als ich jedoch in Kwale ankam, traf ich meine Verabredung nicht an, was mich natürlich nicht besonders erfreute. Ich rief ihn also an, um in Erfahrung zu bringen, ob ich schlichtweg vergessen worden sei und erhielt die Information, dass er sich ganz in der Nähe auf einer Auktion aufhielte und ich doch einfach fort vorbeikommen solle, was ich dann auch tat.

Die Auktion hatte erst kurz vor meiner Ankunft begonnen, sodass ich noch nahezu alle zur Versteigerung stehenden Gegenstände in Augenschein nehmen konnte. Ich sah Betten, Matratzen, Kerosin-Lampen, Stühle, Tische, Kühlschränke und sogar ein Auto! Während die Auktion so langsam ins Rollen kam, kam mir der Gedanke, dass es nicht blöd wäre, mehr Stühle für die Schule zu erstehen – denn selbst in der Freizeit denke ich doch immer wieder an die DMA. Ich hatte Glück und konnte drei hübsche Stühle zu günstigem Preis erstehen.

Später wurde der Tisch versteigert, der auf der Auktion noch zur Abfertigung der Teilnehmerregistration genutzt wurde und da dieser dieselbe Größe hat wie die Tische in unserem Lehrerzimmer, erstand ich auch diesen zum Schnäppchenpreis. Blöderweise wusste ich vor meiner Ankunft in Kwale nichts von der Auktion, so dass ich mit meinem kleinen Auto statt mit einem Pick-up angereist war- sonst hätte ich auch noch einige Betten zum Wegwerfpreis erstehen können.

Ich hatte schon fast das Interesse verloren als es zur Versteigerung der Metallgegenstände ging als ich plötzlich ein sehr robust gefertigtes Metalltor unter den Auktionsgegenständen entdeckte. Dieses wurde in Japan hergestellt und bestand deshalb aus qualitativ viel hochwertigerem Metall als man es normalerweise in Kenia erhält.

Nun hatten wir erst vor einigen Tagen eine Zusage der Futura Stiftung erhalten, mit welcher wir den Schulzaun erneuern und neue Tore zur Sicherung des Geländes einbauen können. Seit wir die Internatsschülerinnen Tag und Nacht bei uns haben, ist mir Sicherheit eine Herzensangelegenheit. Mein Interesse an dem Tor war deshalb sofort geweckt, doch leider konnte ich in meiner Handtasche nicht mehr ausreichend Geld zum Mitbieten um das Tor finden. Ich musste also zunächst hilflos zusehen, wie „mein“ Tor an jemand anderes vergeben wurde. Doch dieser nette Mensch hatte das Tor nur erstanden um es teurer weiterzuverkaufen und bot mir an, es mir für eine kleine Summe oberhalb des Kaufpreises zu überlassen.

Ich solle ihm 19000 KSH geben und das Tor gehöre mir. Ich ging sofort auf diesen Handel ein, da mich ein Tor ähnlicher oder sogar schlechterer Qualität woanders sicher mindestens das Doppelte gekostet hätte, zahlte dem noch-Torbesitzer eine Anzahlung und lief zu meinem Auto, um sofort den Restbetrag aus Ukunda heranzuschaffen.

Dort angekommen, beeilte ich mich sehr, in meine Wohnung zu kommen und als ich meinen Wohnungsschlüssel in der Seitentasche meiner Handtasche suchte, fand ich dort noch so viel Geld, dass ich den Mann auch gleich in Kwale hätte bezahlen können! So war ich beinahe umsonst nach Ukunda gefahren; beinahe, da ich die Gelegenheit nutzte mit meinem Fahrer und einem Pick-up nach Kwale zurückzukehren und meine Neuerwerbungen gleich zur Schule zu schicken.

Was zuerst nach einem verkorksten Tag und einer geplatzten Verabredung aussah, entwickelte sich so zu meinem Glückstag, da die Auktion schlecht besucht war und ich so gegen wenig Konkurrenz tolle Gegenstände zum Spitzenpreis erstehen konnte. Glück muss der Mensch halt haben!

Von Inge im Juni 2015

Gesetze in Kenia

Als wir 2011 unser Tuktuk kauften, ahnten wir noch nicht, dass dieses nach kenianischer Gesetzgebung gar nicht existent ist. Erste Erfahrungen, die darauf hindeuteten, machten wir dann bei der Suche nach einer Versicherung. Es gibt in diesem Land keine Möglichkeit, ein Tuktuk als Privatfahrzeug zu versichern. Also einigten wir uns mit dem Polizeichef darauf, dass wir eine kommerzielle Versicherung erwürben und zusätzlich das Tuktuk mit unserem Schullogo versähen, um es von den als Taxi genutzen Fahrzeugen zu unterscheiden.

Nun hat vor kurzem das Personal in der Polizeistation gewechselt und versuchte jetzt erneut, ob man bei uns nicht irgendwie an ein wenig Bestechungsgeld herankommen könnte ...

Zuerst wurde uns erzählt, dass ein kommerziell genutztes Fahrzeug zu einer speziellen Untersuchung vorgestellt werden müsse. Weil es aber keine private Versicherung für Tuktuks gibt, kommt uns das sehr ungelegen, zumal so eine Unteruchung  mit unvermeidbaren Kosten verbunden ist. Nach der Untersuchung ist man sich nun einig, dass wir eine spezielle Versicherung für die Pasagiere des Vehikels brauchen. Mitten in der Nacht wurde unser Tuktuk auf dem Weg zum Krankenhaus angehalten, wo es eine unserer Betreuungslehrerinnen des Internats abliefern sollte und erst wieder freigegeben, als ich mich der Sache persönlich annahm.

Zweite Idee war dann, dass man zum Führen eines Tuktuks einen Motorradführerschein bräuchte. Blöderweise hat den niemand von uns ...

Ich ging also zur örtlichen Polizeibehörde um die Sache ein für alle mal zu klären. Nach langer Diskussion stellte sich heraus, dass unser Tuktuk nach Eintrag im Fahrzeugbrief kein Motorrad ist, weshalb uns in der Vergangenheit auch schon die günstigere Motorradversicherung verwehrt worden war. Auch der Polizeichef musste einsehen, dass er nun wohl nicht verlangen kann, dass ich meinen Motorradführerschein mache! Er war sich nun aber auch sicher, dass unser Tuktuk, wenn schon kein Motorrad, dann aber ein Schwerlastwagen ist. Deshalb müsse nun ein Lastwagenführerschein für Schwerlaster vorgwiesen werden, wenn man das Tuktuk fahre.

Zum Glück haben unsere Fahrer beide zufällig einen Führerschein für Schwerlastwagen, sodass wir jetzt genug Zeit haben, die Sache weiter zu beobachten. Wir sind gespannt, was als nächstes kommt; kenianische Gesetze sind ja anscheinend kreativ auslegbar.

Von Ronja im Mai 2015

Diani Maendeleo Academy tappt im Dunkeln


Aufgrund einiger auf die Stromleitung gestuerzter Baeume blieb in der Academy über das gesamte zweite Maiwochenende das Licht aus. Trotz mehrfacher Bitte an die KPLC seitens der Schule, sich des Problems anzunehmen, passierte tagelang nichts.

Da versteht man wieder einmal, warum im Zusammenhang mit der KPLC landläufig oft von der Kenyan People Light the Candles statt der Kenyan Power and Light Company gesprochen wird.

Zum Glück hat die Schule eine Solaranlage, die jedoch  wegen der Regenzeit den Ausfall nicht vollständig kompensieren konnte. Inzwischen ist das Problem behoben und uns allen wieder ein Licht aufgegangen.

Von Ronja im April 2015

Von Nepal nach Kenia – Meine ersten Tage hier

Hallo und herzliche Grüße aus Kenia. Mein Name ist Ronja und ich absolviere bis Ende Juni ein Praktikum an der Diani Maendeleo Academy. Ich habe Ende des vergangenen Jahres mein Studium in Deutschland mit einem Master of Education in Mathematik und Chemie abgeschlossen und nutze nun die Zeit bis zum Referendariat, um Einblicke in andere Schulsysteme rund um die Welt zu erhalten.

Kenia ist dabei meine zweite Station nachdem ich die vergangenen drei Monate an einer volkshochschulähnlichen Einrichtung in Bhaktapur in Nepal verbracht habe. Da auch das Leben in Nepal völlig anders ist als in Deutschland, sind meine ersten Eindrücke von Kenia sicherlich anders, als sie bei direkter Anreise aus meinem Heimatland gewesen wären.

Zunächst einmal einige Worte zu Nepal, über das man in westlichen Medien gewöhnlich wenig erfährt. Ebenso wie Kenia ist Nepal Entwicklungsland, welches auf dem HDI nur zwei Plätze oberhalb Kenias rangiert. Obwohl gerade das Kathmandutal mit den ehemaligen Königsstädten Kathmandu, Patan und Bhaktapur gut entwickelt ist, gibt es beispielsweise auch hier das sogenannte Loadshedding, eine Art Stundenplan für Elektrizität. Die Städte sind in verschiedene Gruppen geteilt, die im Wechsel in einem sechs- bis acht- Stundenrhythmus Strom haben, wodurch garantiert wird, dass alle Bevölkerungsschichten zumindest einige Stunden pro Tag elektrischen Strom nutzen können. Ebenso normal ist für mich in den vergangenen drei Monaten der Umstand geworden, dass fließendes Wasser absolut nicht selbstverständlich ist.

Obwohl ich selbst in meiner Gastfamilie in Nepal nie von diesem Problem betroffen war, sah ich doch tagtäglich Frauen in langen Schlangen an den öffentlichen Brunnen anstehen. In den kleineren Dörfern rund um das Tal und erst recht in den Entwicklungsregionen im Westen des Landes wäre man vermutlich froh, sich um derart Marginales kümmern zu können, da die Bedingungen dort eher an unser Mittelalter erinnern. In dieser Hinsicht konnte mich Kenia also eher wenig schocken, vielmehr traf mich bei meiner Ankunft im ersten Moment die Hitze, an die ich mich inzwischen aber ganz gut gewöhnt habe.

Nach gut zwölf Wochen in einem Land, das vom Hinduismus mit seinen über 300 Millionen Göttern und entsprechend vielen Festen dominiert wird, erscheint mir der Alltag hier in Kenia auf den ersten Blick eher ruhig und gemächlich. Gleiches gilt für den Verkehr, der für asiatische Verhältnisse vermutlich selbst in der Gegend um Kathmandu herum noch systematisch und geordnet verläuft, eine stetige Herausforderung an meine Geduld und meine Nerven gewesen. Zur Rushhour hat mich das Überbrücken der ca. 7 km langen Strecke von Kathmandu nach Bhaktapur über zwei Stunden Zeit gekostet. Die Straßen sind überfüllt von Motorrädern, die sich durch jede sich ergebende Lücke mogeln und die einzige geltende Regel scheint das Recht des Stärkeren zu sein. Wer laut genug hupt, dem wird schon ausgewichen!

Als ich also nach diesen Erfahrungen am Flughafen von Mombasa von einem von Frau Langefeld beauftragten Fahrer abgeholt wurde, war ich sowohl von der Ruhe auf den Straßen, als auch von der Qualität der Fahrzeuge nahezu begeistert. Das Taxi hatte sogar Anschnallgurte und hat sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen gehalten! Selbst die Überfahrt mit der Fähre am Südende Mombasas verlief vollkommen reibungslos. Kein Stau, kein Gedränge und absolute kein Gehupe! Traumhaft! Eventuell könnte dies mit dem Umstand zusammenhängen, dass hier wesentlich mehr Autos als Motorräder unterwegs sind und die zwei Spuren der Fahrbahn deshalb einfach besser eingehalten werden müssen…

Als weiteres Beispiel möchte ich den Umstand nennen, dass ich am Karfreitag in Kenia ankam und damit zunächst einmal ein paar Tage wegen Ostern frei hatte. Zwar gibt es auch in Nepal Festtage, die für das ganze Land gelten und die nahezu alle Ethnien feiern, aber der Regelfall ist doch, dass beinahe täglich Festivitäten stattfinden, die nur bestimmte Volksgruppen, nur Buddhisten oder Hindus oder nur bestimmte Untergruppen innerhalb der Hindus begangen werden. Im Schulalltag machte sich dies durch die Abwesenheit einzelner Studierender bemerkbar, da man sich völlig selbstverständlich für die persönlich wichtigeren Festtage frei nahm. Hier feiert nun also, wie ich es von zu Hause gewohnt bin, ein ganzes Land gemeinsam und obgleich Läden und Restaurants über die Feiertage geöffnet haben, empfand ich auch hier eine gewisse generelle Ruhe im Alltag.

In diesem Zusammenhang möchte ich zuletzt auf eine Gemeinsamkeit der Länder eingehen: Sowohl in Nepal als auch in Kenia leben meines Wissens nach viele verschiedene Ethnien zusammen und es gibt in beiden Ländern unzählige Lokalsprachen und Traditionen. In beiden Ländern scheint Religiosität eine zentrale Rolle im Alltag zu spielen und doch ist gerade dies Ursache für einen der größten Unterschiede, mit denen ich Nepalesen bzw. Kenianern in den ersten Tagen begegnet bin.

In Nepal akzeptieren und respektieren Hindus und Buddhisten sich ebenso gegenseitig, wie sie weitere Religionen wie das Christentum oder den Islam freundlich bei sich aufnehmen. Bei jedweder Art von Festlichkeit wurde ich stets eingeladen, mitzufeiern, wurde von den Hindupriestern genauso mit einer Tikka – das ist das rote Mal auf der Stirn -- gesegnet, wie alle anderen Teilnehmenden auch. Noch auf dem Flughafen von Doha erfuhr ich im Gegensatz dazu vom barbarischen Attentat der Al-Shabaab Milizen auf die Universität von Garissa und musste erkennen, dass ich gerade dabei war in ein Land zu reisen, indem die beiden vorherrschenden Religionen offensichtlich nach wie vor nicht völlig friedlich koexistieren.

Und ich muss zugeben, dass der Terror, dessen Ziel wortwörtlich die Verbreitung von Angst ist, bei mir gewisse Erfolge erzielt. So war ich sehr nervös, als Frau Langefeld mich aufforderte, doch mal einfach ein wenig Ukunda auf eigene Faust zu erkunden, obwohl ich bereits viel gereist bin und ich eigentlich nicht der Typ bin, der sich nachts in Deutschland nicht allein nach Hause traut. Mit Schrecken musste ich erkennen, wie sehr mich selbst die globalpolitischen Ereignisse der jüngsten Vergangenheit dazu veranlasst haben, ein gewisses Misstrauen dem Islam gegenüber zu entwickeln, für das ich mich eigentlich schämen sollte.

Da ich in Nepal gesehen habe, wie gut Menschen unterschiedlichen Glaubens miteinander statt gegeneinander leben können und ich fest davon überzeugt bin, dass die große Mehrheit der Christen und Muslime, nicht nur in Kenia, sondern weltweit ein vergleichbar friedliches Miteinander unterstützen, nehme ich mir fest vor, den Menschen hier genauso vorurteilsfrei zu begegnen, wie ich es immer getan habe und so viel wie möglich gerade über den Alltag muslimischer Kenianer zu lernen.