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Die Probleme bei der Aufnahme der neuen Schülerinnen

Da das Schuljahr für einige Grundschüler vor ein paar Wochen zu Ende gegangen ist, öffneten wir nun unsere Pforten für eine neue Form 1, also für die neunte Jahrgangsstufe nach deutschem Schulsystem.

Unsere zukünftigen Schülerinnen kommen allerdings nicht nur auf Grund der verteilten Einladungsbriefe zu uns an die Schule.

Viele Eltern und Mädchen kommen von sich aus auf uns zu, um darum zu bitten, dass wir ihrer Tochter, mit Hilfe einer Patenschaft, die weiterführende Schulausbildung ermöglichen. Unsere Richtlinie um durch eine Patenschaft gesponsert zu werden besagt, dass ein Mädchen mind. 250 Punkte von 500 in ihrer Abschlussprüfung der Grundschule erreicht haben muss, das entspricht der Note 3. Für deutsche Standards klingt das, als würden wir auch schwächeren Mädchen eine gute Chance geben, doch im gesamten Kwale County, in dem auch unsere Schule liegt, ist eine 3 schon rar und eine 3+ eine super Note! Selbst in ganz Kenia sind 430 Punkte das höchste und wurden nur dreimal erreicht.

Das bedeutet, dass es nicht leicht ist, Mädchen für unsere neue Klasse zu finden, die über unserer Richtlinie liegen. Die Mädchen, die von selbst auf uns zukommen und um eine Patenschaft bitten, da sie sonst kaum Chancen im Leben haben, erreichen die vorausgesetzte Punktzahl leider häufig nicht, so wie die meisten Schüler in unserem District.

Doch geben wir den meisten erst einmal eine Chance. Wir besuchen die Mädchen in ihrem Zuhause, um uns ein Bild von ihren Lebensumständen und ihren finanziellen Möglichkeiten zu machen. Die Mädchen leben oft unter katastrophalen Umständen und man möchte ihnen nicht die Chance auf eine bessere Zukunft wegen ein paar Punkten nehmen.

So haben wir zum Beispiel Mariam besucht. Sie hat 247 Punkte in ihrer Abschlussprüfung und lebt mit ihrer Mutter und ihrem Neffen in einem kleinen Lehmhaus. Sie teilen sich zu dritt ein Schlafzimmer, haben weder Strom, noch Wasser oder eine Toilette. In ihrem Haus gibt es keine Möbel bis auf ein Bett, dessen Matratze eine Bastmatte bildet und einen kleines Regalbrett in der Küche. Gekocht und gesessen wird auf dem Boden in dem kleinen, dunklen Haus.

Mariams Mutter verdient durch das Backen von Reisplätzchen das tägliche Essen für die Familie und es ist ihr unmöglich, eine weiterführende Schulausbildung für Mariam zu bezahlen. Sollen wir Mariam wegen drei fehlender Punkte unter unserer Richtlinie abweisen? Das lässt unser Herz nicht zu. Aber wo zieht man die Grenze?

Auch Marymaureen kam auf uns zu und bat um eine gesponserte Ausbildung. Sie hat jedoch nur 223 Punkte in ihrer Abschlussprüfung erreicht. Als wir sie zu Hause besuchen, schwinden alle Vorsätze, diesmal strenger zu sein. Marymaureen lebt mit ihrer Tante und ihren drei Cousins in einem gemieteten 11 qm Zimmer. Das Zimmer besteht aus einem großen und einem kleinen Bett und ist vollgestellt mit den wenigen Habseligkeiten dieser fünf Personen. Es gibt keine Küche, kein Bad und kein WC geschweige denn Strom oder fließend Wasser. Es ist dunkel, stickig, es mieft und ich fühle mich schon in den 20 Minuten, die ich mit drei Anderen in diesem engen Raum verbringe, unwohl und beengt.

Marymaureen ist erst 14 und kann unmöglich von uns im Stich gelassen werden und ihr Leben bis zu einer wahrscheinliche Ehe in diesem Zimmerchen fristen. In unserem Distrikt schneidet sie immer noch besser als der Durchschnitt ab, der grade mal bei 200 Punkten liegt! Auch sie haben wir aufgenommen und hoffen, dass sich ein Pate findet, der sie unterstützt.